„Niemand wird als Flüchtling geboren. Keiner will Flüchtling sein. Aber aus manchen Lebenssituationen gibt es nur einen Ausweg: die Flucht. Menschen müssen vor Krieg, Sklaverei, Verfolgung, Armut und Hunger fliehen. Ich selbst bin vor dem Militärdienst in Eritrea geflohen. Ich war erst 17 Jahre alt. Ich wollte keinen lebenslangen Militärdienst leisten, sondern hatte andere Träume. Ich wollte Journalismus studieren und in Freiheit leben. Ich wollte mein Leben selbst bestimmen. Aber das war in Eritrea überhaupt nicht möglich. Ich war gezwungen einer Diktatur zu dienen. Mein einziger Ausweg, um in Freiheit leben zu können, war die Flucht und das Verlassen meiner Heimat“

Mit diesen Worten begann Zekarias Kebraeb sinngemäß die Lesung aus seinem Buch: „ Hoffnung im Herzen, Freiheit im Sinn“ am Dienstag, dem 1. Dezember, in der Aula der Marienschule. Fasziniert konnte man seiner Lesung folgen, die er immer wieder mit eigenen Erzählungen ergänzte, und erhielt ein authentisches Bild des schmerzhaften und leidvollen Weges eines Flüchtlings ins gelobte Europa. Diesen schilderte Kebraeb zunächst als Weg durch die Sahara, dann über das Mittelmeer nach Italien, von einem Asyllager ins andere, zuletzt in die Abschiebehaft in Deutschland, die nur aufgrund seines Hungerstreiks aufgehoben wurde. „Ich will zumindest als Mensch respektiert und behandelt werden, nicht als Asozialer, nicht als Krimineller, dafür habe ich gekämpft“, betonte er in seiner Darstellung immer wieder. Sein aktiver und engagierter Kampf um die eigene Freiheit ermöglichte Zekarias Kebraeb nach 4 Jahren die Anerkennung als politisch Verfolgter, das Asylrecht in Deutschland und dann die Erteilung der Deutschen Staatsbürgerschaft. „Im Herzen aber bleibe ich immer Eritreer“, so seine abschließenden Worte. „Ich möchte mit dazu beitragen, dass mein Land den Weg in die Demokratie findet und die menschenverachtende Diktatur der Ein-Parteien-Herrschaft in Eritrea ein Ende findet“. Heute studiert Zekarias Kebraeb in Äthiopien das Fach ,Politische Wissenschaft und internationale Beziehungen. Nach Deutschland, seiner nun zweiten Heimat, kommt er immer wieder zu Lesungen, um seine Erfahrungen auf der Flucht weiterzugeben. Mit diesen Erfahrungen ist er auch ein wertvoller Berater von Frontex geworden, der europäischen Grenzpolizei-Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union mit Hauptsitz in Warschau. Die Frontex-Beamten bekommen über seine Schilderungen und Vorträge die Möglichkeit der Einfühlung in die Situation der Flüchtlinge. Dies ist verbunden mit der Hoffnung, dass die Begegnungen zwischen den Beamten mit der Aufgabe der Kontrolle und Identifizierung der Flüchtlinge und den Menschen auf der Flucht sich mit mehr Verständnis und Einfühlung vollziehen mögen. Das Buch von Zekarias Kebraeb ist mittlerweile in mehrere Sprachen übersetzt und zur Pflichtlektüre der Frontex-Beamten geworden. Ein bemerkenswerter junger Mann, eine beachtliche Lebensleistung schon in jungem Alter und ein lohnenswerter Abend in der Aula der Marienschule.